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Fachleute, die sich mit Gebrauchstauglichkeit auskennen, sind gesucht. Welche Berufseinstiege sind möglich? Ein Interview mit Dieter Wallach, Professor für Human-Computer-Interaction und Usability Engineering im Fachbereich Informatik und Microsystemtechnik der Fachhochschule Kaiserslautern.

1.   Was ist Usability?
 
Zuerst einmal ist Usability ein eher sperriges Wort und auch der deutsche Begriff «Gebrauchstauglichkeit» hilft hier kaum weiter, wenn es darum geht sich darunter etwas Konkretes vorstellen zu können. Eine bewährte Definition bezeichnet Usability "als Ausmaß, in dem ein Produkt durch bestimmte Nutzer in einem bestimmten Nutzungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen” (ISO-Norm DIN EN ISO 9241-210). Was heißt: Über die Usability eines Systems kann man nur sinnvoll im Bezug auf den jeweiligen Nutzer, seine Ziele und die verschiedene Rahmenbedingungen sprechen. Usability ist keine Eigenschaft eines Produktes "an sich".
 
2.   Wie wird man Usability-Experte?
 
Die letzte Dekade war geprägt von Quereinsteigern aus Informatik, Psychologie, Design oder verwandten Studiengängen — und fächerübergreifenden Fortbildungen. Mittlerweile haben sich an Universitäten und Fachhochschulen spezifische, interdisziplinäre Studiengänge herausgebildet, in denen die theoretischen und methodischen Grundlagen der beteiligten wissenschaftlichen Disziplinen mit angewandten Fragestellungen der Industrie und Wirtschaft verbunden werden.
 
3.   In der Branche (u.a. auch in der Studie „Gebrauchstauglichkeit von Anwendungssoftware als Wettbewerbsfaktor für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)“) sind viele kritische Stimmen zu hören, wenn es um Hochschulabsolventen geht?
 
Da hat sich in Deutschland in den letzten Jahren einiges getan. Ausbildung, Anwendungsunternehmen und Softwareproduzenten sind enger zusammengerückt. Benutzerzentrierte Entwicklungsmodelle sind heute Bestandteil vieler Informatik-Studienordnungen geworden, dezidierte Studiengänge wie Human-Computer Interaction, Human Factors oder Mensch-Computer-Systeme bieten eine fundierte akademische Ausbildung in Bachelor- und Masterprogrammen.
Die Lehre an Fachhochschulen ist ohnehin traditionell praxisorientiert ausgerichtet – bis hin zu berufsbegleitenden Studiengängen für IT-nahe Berufe. Die Fachhochschule Kaiserslautern bietet Interessierten mit Berufserfahrung den Fern-Studiengang IT-Analyst an, der mit 20 sogenannten Präsenztagen (davon 8 Samstage) im Jahr Arbeitnehmern sehr entgegen kommt und gleichzeitig ihre Erfahrungen und Vorkenntnisse mit einbezieht.
 
4.   Bilden auch Firmen aus?
 
Viele Unternehmen arbeiten eng mit Hochschulen zusammen, bieten Praktika oder bieten Studenten Themen an für deren akademischen Qualifikationsarbeiten. Auf der Webseite UIG haben wir eine interaktive Karte die zeigt, wo in Deutschland Expertenwissen zum Thema Usability vorhanden ist. Firmen und Institute können sich hier eintragen, Interessenten erhalten so einen Überblick über bestehende Möglichkeiten. Hier ist Eigeninitiative gefragt. Einen speziellen Ausbildungsberuf gibt es bislang in Deutschland nicht.
 
5.   Verschiedene private und wissenschaftliche Träger wie etwa die Usability Academy oder Fraunhofer-Institute bieten Kompaktseminare an, in denen man sich zum Usability-Experten ausbilden lassen kann.
 
Die Institute haben sicherlich ein hohes Niveau und arbeiten auch mit anerkannten Experten zusammen, die einen entsprechenden Standard sicher stellen. Innerhalb eines wenige Tage dauernden Kompaktseminars können so sicher wertvolle Einblicke in grundlegende Theorien und Methoden gewonnen werden. Wie auch bei anderen Berufsbildern sollten solche Kurse jedoch eher als Beginn einer Weiterbildung zu einem Usability-Experten gesehen werden.
 
6.   Was sollte man wissen, bevor man sich auf diesen Beruf stürzt?
 
Usability-Experten sind keine Künstler, die sich vornehmlich mit dem visuell-ästhetischen Erscheinungsbild von Software beschäftigen. Sicherlich gehört die visuelle Gestaltung auch dazu, allerdings ist diese lediglich eine – wenn auch bedeutsame – Facette. Grundlegend geht es darum, wie Benutzer bei der Bedienung bestmöglich unterstützt werden können, welche Funktionen hierzu notwendig sind, wie darzustellende Inhalte übersichtlich aufbereitet werden können, wie Interaktion effizient und effektiv konzipiert und im Ergebnis ein positives Benutzererlebnis ermöglicht wird. Selbstverständlich ist auch ein belastbares technisches und betriebswirtschaftliches Wissen notwendig, wenn die Machbarkeit von Gestaltungsmöglichkeiten angemessen beurteilt werden soll.
 
7.      Ganz konkret. Wie komme ich an ein Praktikum?
 
Für Studierende auf der Suche nach einem Praktikum ist die Erstellung eines kleinen Portfolios eigener Arbeiten sehr hilfreich – so lassen sich anhand praktischer Beispiele eigene Interessensschwerpunkte und bereits vorhandene Fertigkeiten demonstrieren. Schülerpraktika können naturgemäß nur kurz sein und nicht mehr als einen Einblick geben.

01.09.13

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