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Forschungsziel

Der Einsatz leistungsfähiger Anwendungssoftware hat in den vergangenen Jahren insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen an Bedeutung gewonnen. Wesentliche Gründe hierfür sind die Erreichung betriebswirtschaftlicher Ziele wie die Steigerung von Produktivität, Qualität und Kundenzufriedenheit sowie die Erfüllung industriespezifischer Standards zur Dokumentation und Nachvollziehbarkeit der Unternehmensaktivitäten. Überdies sind die Ansprüche der Endanwender in Bezug auf die Gebrauchstauglichkeit von Anwendungssoftware gestiegen. Während früher primär technische Entscheidungskriterien und Funktionalitätsaspekte bei der Auswahl von Softwareprodukten im Vordergrund standen, sind diese Kriterien durch eine zunehmende technische Flexibilisierung und eine weitgehende Funktionsannäherung konkurrierender Applikationen heute nicht mehr trennscharf: Aus Benutzerperspektive wird das User Interface vermehrt mit der Anwendung selbst gleichgesetzt. Fragen der Gebrauchstauglichkeit, des Designs und der User Experience stehen daher immer stärker im Fokus. Erst eine ergonomisch optimierte Benutzerschnittstelle eröffnet den Zugang zur effizienten Nutzung der Funktionalität einer Anwendung – die bloße Verfügbarkeit von Funktionen ist nicht mehr hinreichend.

Diese Entwicklung ist unter anderem geprägt von Erfahrungen mit Informationstechnologie aus dem Privatleben, beispielsweise in Form von Web-Anwendungen (z.B. Amazon.com, Facebook.com) oder smarten Mobiltelefonen (z.B. Apple iPhone). Die Gebrauchstauglichkeit (Usability) beinhaltet gemäß DIN EN ISO 9241 nur das Ausmaß in dem ein Produkt, ein System oder ein Dienst durch Benutzer in einem Anwendungskontext genutzt werden kann, um bestimmte Ziele effektiv, effizient und zufriedenstellend zu erreichen. Neben der grundlegenden Gebrauchstauglichkeit werden üblicherweise jedoch auch emotionale Aspekte des gesamten Nutzungserlebnisses (das Look and Feel bzw. die sogenannte User Experience) betrachtet.

Bei der Erstellung und Einführung von Anwendungssoftware wurde bisher von vielen deutschen Softwareherstellern das Thema Usability im Speziellen und User Experience im Allgemeinen vernachlässigt. Die deutsche Softwareindustrie und die deutschen Anwenderunternehmen haben in diesem Umfeld einen klaren Rückstand im Wettbewerb mit anderen Ländern, insbesondere gegenüber den USA aber beispielsweise auch gegenüber Indien. Zwar haben einzelne deutsche Großunternehmen – wie beispielsweise der Softwarehersteller SAP AG – massiv in die Einführung eines „user-centered design“-Entwicklungsprozesses investiert, doch stehen mittelständische Softwareunternehmen in Deutschland – bis auf einige positive Beispiele – diesbezüglich in vielen Fällen noch am Anfang.
 

Problemstellung

Die beschriebenen Entwicklungen deuten darauf hin, dass Gebrauchstauglichkeit ein zunehmend wichtiger Wettbewerbsfaktor für mittelständische Softwarehersteller wird. Es erscheint jedoch fraglich, inwiefern diese Einsicht auch bei den herstellenden und anwendenden Unternehmen verbreitet ist und ob diese dem Thema Usability die notwendige Aufmerksamkeit schenken.
 

Selbst wenn die Gebrauchstauglichkeit bei einzelnen Unternehmen als wichtiges Thema angesehen wird, kann ein mangelndes Wissen über theoretische Ansätze zur Usability, über Standards und Technologien und über Know-how zur Umsetzung von Usability-Konzepten dazu führen, dass die Gebrauchstauglichkeit der produzierten Anwendungen noch unterentwickelt ist. Diese unterentwickelte Gebrauchstauglichkeit kann zwei gravierende Konsequenzen haben: Erstens besteht die Gefahr, dass mittelständische Software­produzenten gegenüber größeren und/oder internationalen Wettbewerbern ins Hintertreffen geraten. Zweitens verhindert eine unterentwickelte Gebrauchstauglichkeit die Erzielung von Effizienzvorteilen bei anwendenden Unternehmen. Auf der Seite der mittelständischen Softwareanwender scheint es teilweise Unwissenheit darüber zu geben, wie sich eine verbesserte Gebrauchstauglichkeit der eingesetzten Anwendungssoftware auf ihre Produktivität auswirken könnte. Verbesserungspotentiale durch bessere Gebrauchstauglichkeit scheinen hier oft unterschätzt zu werden, was wiederum dazu führt, dass die Zahlungsbereitschaft der Firmen für gute Usability in Softwareprodukten geringer ist, als sie es eigentlich sein sollte.
 

Die folgende Analyse soll auf eine theoretisch fundierte Weise unter Verwendung qualitativer und quanti­tativer empirischer Methoden den Status Quo der Bedeutung, der Kenntnis und des tatsächlichen Einsatzes von Usability-Konzepten bei Softwareanwendungen bei mittelständischen Produzenten und Anwen­dern ermitteln. Anhand dieser Daten sollen Probleme aufgedeckt und deren Ursachen identifiziert werden, so dass Handlungs­empfehlungen für kleine und mittelständische Unternehmen sowie Vorschläge zur Weiter­entwicklung ihrer institutionellen Rahmenbedingungen abgeleitet werden können.

 

Analyseansatz

Analyseansatz „organisationales Feld“ zur Identifizierung von Usability Gaps

Um die wachsenden Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit ihrer Produkte zu erfüllen, können Softwareunternehmen auf andere Organisationen – wie z.B. Universitäten, Designschulen, Beratungen etc. – zurückgreifen, die das nötige Wissen in unterschiedlichen Formen – z.B. als theoretisches Wissen, als Normen und Standards oder als Programmier-Frameworks – zur Verfügung stellen. Man kann sich alle an diesem Wissensaustausch beteiligten Organisationen als sogenanntes „organisationales Feld“ vorstellen. Zu einem solchen Feld gehören all die Organisationen, die an einem komplexen, organisations­übergreifenden Produktionsprozess – z.B. der Produktion von Software – beteiligt sind . Im Gegensatz zum klassischen Branchenbegriff, der sich stark auf die Wettbewerbs­beziehungen zwischen Anbietern konzentriert, erfasst der Begriff des organisationalen Feldes somit die Gesamtheit aller für eine komplexe Leistung relevanten Akteure inklusive ihrer institutionellen Einbettung und ihrer Interaktionen (DiMaggio, 1982). Diese umfassende Betrachtung erlaubt es, Ursachen für beobachtete Probleme nicht nur bei einzelnen Organisationen zu suchen sondern im Zusammenspiel verschiedener Organisationen zu identifizieren. So können insbesondere die Probleme von mittelständischen Unternehmen bei der Produktion gebrauchstauglicher Software nicht nur bei den Herstellern selbst sondern auch bei einer mangelnden Interaktion mit Kunden, mit Hochschulen, mit Verbänden etc. aufgedeckt werden.
 
 
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