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Neben technologisch geprägten Entwicklungen, insbesondere im Bereich Digitalisierung, wird die Mensch-Maschine-Interaktion zunehmend vom demografischen Wandel beeinflusst. Damit steigen die Anforderungen an die eingesetzten User Experience (UX) Methoden. Gerade in der Medizintechnik müssen Technologie, Usability und Design frühzeitig eng miteinander verzahnt werden, um barrierefreie Nutzungserlebnisse zu generieren, ohne dabei zu stigmatisieren.

Meist ist die Produktentwicklung, insbesondere in der Medizintechnik, stark technologiegetrieben. Das normativ geforderte Usability Engineering [vgl. IEC 62366 u. a.] erfolgt erst in späten Phasen und das Design wird teilweise vernachlässigt, da Funktion und Zuverlässigkeit im Fokus stehen. Dadurch werden einerseits Nutzungsschwierigkeiten häufig erst nachträglich minimiert, statt von Beginn an ein konsistentes Bedienkonzept auszuarbeiten. Zum anderen kann durch die mangelnde ästhetische Gestaltung eine Stigmatisierung des Nutzers und damit eine negative Einstellung gegenüber dem Produkt ausgelöst werden. Somit werden technisch gut entwickelte Produkte trotz ihrer Notwendigkeit teilweise kaum genutzt oder erst gar nicht gekauft (z. B. Notrufsysteme). Der Beitrag präsentiert eine innovative und anwendungsorientierte Kombination nutzerzentrierter Produktentwicklungsmethoden, die Elemente aus den Bereichen Designmethodik und Usability Engineering vereint und den Nutzer iterativ über den gesamten Produktentstehungsprozess aktiv einbezieht. Unter anderem arbeiten wir eng mit unserem Senioren-Nutzerpanel zusammen.

Gutes technisches Design auf Basis fundierter Usability und Ergonomie kann Stigmatisierung verhindern und zu einer überzeugenden User Experience führen. Designtechnische Ansätze zur Vermeidung von Stigmatisierung finden sich beispielsweise im Invisibility, Visibility und Innovationsorientieren Design. Dabei wird die Funktionalität eines Produktes entweder getarnt bzw. verborgen, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen (Invisibility Design) oder explizit herausgestellt und in das Design integriert, um nicht additiv oder ungewollt zu wirken (Visibility) Design [Seeger 2005]. Des Weiteren bietet das Universal Design oder Design for All [Preiser und Smith 2011] Möglichkeiten zur Vergrößerung der Nutzergruppe mit dem Potential zur Reduktion von Stigmatisierung [Janny 2015]. Hierbei müssen jedoch Kompromisse für einzelne Nutzergruppen eingegangen werden.

Der Beitrag zeigt das anwendungsorientierte Zusammenspiel relevanter Methoden am Beispiel des im Rahmen eines bundesgeförderten Projekts entwickelten Smart Jewelry Produktes „empenda“ auf. Dieses als edler Ketten-Anhänger gestaltete Schmuckstück verbindet die unterstützende Funktionalität von mobiler Notrufkommunikation (Sprachverbindung, Standortübermittlung) mit dem ästhetischen Wert eines anmutigen Schmuckstücks und folgt damit u. a. den Prinzipien des Invisibility Designs. Es wird eine Auswahl an nutzerbezogenen Entwicklungsschritten innerhalb des Produktentwicklungsprozesses vorgestellt (u. a. User Research, Erfassung von User Needs, Ableiten von Nutzungsanforderungen, Konzepte und frühe Prototypen, Designbewertung, Usability Testing). Dieser ganzheitliche Designprozess reduziert Technikbarrieren und bringt Mensch und Technik durch die enge Verbindung von technologischer Entwicklung und Technischem Design auch in der Medizintechnik zusammen.

 

Über Matti Schwalk

Matti Schwalk studierte Maschinenwesen mit den Vertiefungen Methodische Produktentwicklung und Technisches Design an der Universität Stuttgart. Er war anschließend von 2012 bis 2017 für ca. fünfeinhalb Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungs- und Lehrgebiet Technisches Design des IKTD an der Universität Stuttgart und befasste sich in seiner Forschung hauptsächlich mit der Usability-Optimierung durch haptische Mensch-Maschine-Schnittstellen. Gemeinsam mit seinem damaligen Kollegen, Dr.-Ing. Benedikt Janny, gründete er Anfang 2018 das Beratungs-Unternehmen USE-Ing.

Über USE-Ing.

Das Unternehmen USE-Ing. bietet branchenübergreifend Dienstleistungen für nutzerzentrierte Produktentwicklung, Ergonomie, Usability und User Experience Design an. Unter anderem sind wir in den Bereichen Medizintechnik, Gerontotechnik und Maschinenbau aktiv. Die Generierung früher Prototypen sowie die aktive Einbindung realer Nutzer stehen dabei im Fokus.

Mehr zur UIG Tagung 2019: http://www.usability-in-germany.de/uig-2019

 


05.02.19

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