„Je diverser, desto erfolgreicher“ könnte man annehmen, wenn man den Ergebnissen der Studie „Diversity Wins – How Inclusion Matters“ (Dixon-Fyle et al., 2020), für die McKinsey Daten von mehr als 1.000 Unternehmen in 15 Ländern analysiert hat, Vertrauen schenkt. Die Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein liegt laut Studie mit hoher Gender-Diversität in der Führungsebene bei einem Viertel – mit einer internationalen Diversität in der Führungsebene bei sogar mehr als einem Drittel.
Die Studie besagt auch, dass Unternehmen mit mehr als 30 Prozent Frauen in ihren Führungsteams eine bessere ökonomische Performance aufweisen als in Unternehmen mit einem Frauenanteil zwischen 10 und 30 Prozent, und diese Unternehmen wiederum übertreffen mit größerer Wahrscheinlichkeit Unternehmen mit weniger oder gar keinen weiblichen Führungskräften Infolgedessen gibt es einen erheblichen Leistungsunterschied - 48 Prozent - zwischen den Unternehmen mit der höchsten und den Unternehmen mit der geringsten Geschlechtervielfalt.
Was die ethnische und kulturelle Vielfalt betrifft, so sind die Ergebnisse ebenso überzeugend.
Zwar ist Korrelation nicht gleich Kausalität, eine größere geschlechtliche und ethnische Vielfalt in der Unternehmensführung führt nicht automatisch zu mehr Gewinn, aber der Zusammenhang deutet darauf hin, dass Unternehmen, die sich für eine diverse Führung einsetzen, erfolgreicher sind.
Es wird davon ausgegangen, dass Unternehmen mit einer größeren Vielfalt besser in der Lage sind, Spitzentalente zu gewinnen und ihre Kundenorientierung, Mitarbeitendenzufriedenheit und Entscheidungsfindung zu verbessern. Dies führe dann zu einem positiven Kreislauf mit steigenden Gewinnen und lässt wiederum vermuten, dass auch andere Formen der Vielfalt - z. B. in Bezug auf Alter, sexuelle Orientierung und Erfahrung - einen gewissen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Auch die Diversity Management Studie der PageGroup(2021), die sich mit dem Schwerpunktthema „Diversity in der Arbeitswelt“ in Deutschland auseinandersetzt, bestätigt, dass Vielfalt die Profitabilität fördert. Über 300 Mitarbeitende aus Unternehmen in Deutschland, die für das Thema verantwortlich sind, wurden befragt. Die Befragten gaben vermehrt an, eine spannendere Arbeitsatmosphäre, gesteigerte Mitarbeitendenzufriedenheit und höhere Innovationskraft in gemischten Teams wahrzunehmen.
In der Studie der GDW Global Digital Women GmbH(2019) wird hervorgehoben, wie Digitalisierung und Diversität zusammenwirken. Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie der gegenwärtige Entwicklungsstand der Digitalisierung als auch die Ausgestaltung der Diversity-Dimensionen im Arbeitsumfeld bewertet werden. Auch hier sahen nahezu alle Befragten einen positiven Einfluss von Diversität auf den Firmenerfolg. Die Studie besagt zudem, dass Unternehmen mit einem höheren Frauenanteil in Führungspositionen auch im Bereich Digitalisierung wesentlich besser aufgestellt sind.
Die digitale Transformation, die Unternehmen bewältigen müssen, wird offensichtlich durch den Einsatz neuer Technologien stark beeinflusst. Der Erfolgsfaktor Kreativität ist für die Entwicklung neuer Ideen und Technologien essentiell notwendig. Diversität fördert die Kreativität, und Kreativität fördert Innovation. Und innovative Ideen entstehen am besten in einem vielfältigen Umfeld.
Warum könnte das so sein? Wenn verschiedene Persönlichkeiten ihre Fachkompetenzen und Perspektiven einbringen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass gut durchdachte Ansätze und innovative Ideen entwickelt und umgesetzt werden, was Unternehmen vorantreibt.
Das Feedback der Teilnehmenden der Studie zeigte aber auch eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen Wunsch und Realität. Ein echter Wandel im Unternehmen hinsichtlich Diversität und Digitalisierung bleibt vielmals aus. Beispielsweise legen Arbeitnehmende bei der Auswahl des Unternehmens viel Wert auf frauenspezifische Kriterien, geben aber an, diese nur begrenzt vorzufinden. Den Aspekten „Maßnahmen des Unternehmens zur Karriereförderung von Frauen“, ein „hoher Anteil von Frauen in Führungspersonen“ und „Mitarbeiterinnen und weibliche Führungskräfte aus dem Unternehmen, die als Rolemodels in der Öffentlichkeit sichtbar und anerkannt sind“, wurde eine sehr hohe Bedeutung beigemessen, aber viele der Teilnehmenden glaubten nicht, dass sich ihr Unternehmen auch tatsächlich dadurch auszeichnet.
Auch die McKinsey Studie besagt, dass trotz des zunehmenden Bewusstseins die Fortschritte bei der Umsetzung von Diversität hinter den Erwartungen zurückbleiben (Dixon-Fyle et al., 2020).
Aufgrund der vielversprechenden Faktoren, die für die Vielfalt in Unternehmen sprechen, sollte für Unternehmen die Diversität authentisch sein und als Treiber der digitalen Transformation erkannt werden, doch dafür braucht es auch einen echten Wandel der Unternehmenskultur. Auch Christine Epler, Head of HR-Strategy, Innovation & Diversity bei der Deutschen Bahn Commitment, führt an, dass es ausschlaggebend ist, wie und wo das Thema Diversity im Unternehmen aufgehängt wird. Wenn sich die Geschäftsführenden nicht zu Diversität bekennen, kann ein kleines Diversity-Team noch so gute Ideen haben – es wird sich aufreiben.
Gleichstellung muss somit fest in der Unternehmenskultur verankert sein, alle Arbeitnehmenden müssen das Gefühl haben, ihre Ideen einbringen zu können ohne dabei Gefahr zu laufen, dass diese nicht wahr oder ernstgenommen werden. Anstatt einen Fokus auf Leistung als Alleinstellungsmerkmal muss Kultur als wertschätzendes und bereicherndes Element insbesondere in den Führungsebenen erkannt und kommuniziert werden.
Literatur
Borelidis, D. (2021). Diversity expert: what does it take?
Dixon-Fyle, S., Hunt, V. (DBE), Dolan, K., & Prince, S. (2020). Diversity wins - How inclusion matters. McKinsey & Company, May.
Global Digital Women GmbH. (2019). Zwischen Wunsch & Wirklichkeit - Digitalisierung und Diversität in Unternehmen. /
PageGroup. (2021). Diversity Management Studie 2021 - Wie Unternehmen den Einsatz und Erfolg von Diversity bewerten.
11.01.22