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Im Rahmen des Artikels wird ein sehr gelungenes studentisches Projekt im Kontext der erlebnisorientierten Gestaltung von Diversität vorgestellt. Es kann und soll als Inspiration dienen, um entsprechende Fragestellungen im Kontext von Arbeit anzugehen.

Inhalt: Das Coming-Out in der Familie stellt für viele homosexuelle Jugendlichen immer noch eine
große Herausforderung dar. Wie kann mit erlebniszentrierter Gestaltung interaktiver
Produkte und Services ein positives Erleben des Coming-Outs unterstützen? Mehr dazu
erfahren Sie im folgenden Artikel.

Studierendenprojekt im Kontext der Veranstaltung Information Experience
Design

Basierend auf der Thematik „Positives Erleben für LGBTIQ+ Menschen“ wurde innerhalb der von Anne Elisabeth Krüger (Fraunhofer IAO) geleiteten Veranstaltung Information Experience Design ein erlebniszentrierter Gestaltungsprozess durchlaufen. In vier Projektgruppen wurde die Thematik in verschiedenen Kontexten beleuchtet. Ziel dabei war es ein Konzept sowie einen Kommunikationsprototypen für ein Produkt oder Service zu entwickeln, welcher einer Unterfragestellung des „wicked-problems“ adressiert. Im Folgenden Artikel wird eines dieser Projekte, durchgeführt von Lisa Bonn, Dona Duong, Anna Hoch, Ann-Cathrin Lörcher, Danica Sattink Rath und Nicola Weisner, beispielhaft vorgestellt. Das Thema der Gruppe lautete: „Wie kann Homosexuellen ein positives Erlebnis beim Coming-Out in der Familie bereitet
werden?“


Derzeitiges Erleben des Coming-Outs für homosexuelle Jugendliche und ihre
Familien

Pride Month, Diversity oder Regenbogen-Communities – in der heutigen Gesellschaft gibt es zahlreiche Initiativen, Organisationen oder Gemeinschaften, die sich dafür einsetzen, die Öffentlichkeit bunter zu gestalten. Dennoch stellt das Coming-Out in der Familie für viele homosexuelle Jugendliche noch heute eine große Herausforderung dar. Anstatt das Coming-Out als Gipfel der Selbstverwirklichung genießen zu können, ist das Coming-Out für viele Jugendliche immer noch mit großen Ängsten, Unsicherheiten und eher negativem Erleben verbunden. So spürten 25 % der Jugendlichen nach dem Coming-Out negative Konsequenzen in der Familie (Suer, 2016) und 63 % der Eltern nehmen die sexuelle Orientierung von LGBTIQ+ Jugendlichen nicht ernst (Krell et al., 2015). Hinzukommt bei vielen homosexuellen Jugendlichen die Sorge, dass die Familie mit Ablehnung, Enttäuschung als auch Ausgrenzung reagieren könnte. Bei den Eltern ist häufig die fehlende Aufklärung Ursache von Vorurteilen und Stereotypen. Hierdurch sind die Eltern oftmals überfordert oder reagieren einfach nur ängstlich. Wie kann man mit bedürfnisorientierter Gestaltung diese Problemstellungen angehen und ein positives Erleben des Coming-Out sowohl für die homosexuellen Jugendlichen und ihre Familien unterstützen?


Definition Coming-Out – nur ein Zeitpunkt oder doch eine Zeitreise?
Als Coming-Out wird die eigene sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Zugehörigkeit erkannt (inneres Coming-Out) und gegebenenfalls auch öffentlich gemacht (äußeres Coming-Out) (Queer Lexikon, 2020).

Betrachtet wird hierbei also nicht nur der Zeitpunkt, an dem die eigene Sexualität öffentlich kommuniziert wird. Vielmehr ist es ein Prozess, der bereits in einer individuellen Selbst- und Identitätsfindungsphase beginnt. Anschließend folgt eine wiederkehrende Entscheidung, Personen aus dem Umfeld über die eigene Sexualität zu informieren. Darunter fallen oft die eigenen Eltern, die möglicherweise andere Meinungen vertreten und mit neuen Ängsten und Sorgen konfrontiert werden.

Unter Beachtung dieser Tatsachen, einer ausführlichen Desktoprecherche und User Research durch direkten Austausch mit Homosexuellen, Eltern und ExpertInnen, konnte herausgefunden werden, dass homosexuelle Jugendliche vor allem nach den Bedürfnissen Selbstverwirklichung und Verbundenheit streben, während für Eltern die Bedürfnisse Kompetenz und Einfluss im Fokus stehen. Auf Grundlage dieser extrahierten Bedürfnisse der Zielgruppen entstand die Idee von YOUnity. Doch was verbirgt sich hinter YOUnity?

 

Positives Erleben des Coming-Outs durch YOUnity
„YOUnity ist nicht nur die Idee von einer Buchreihe, es ist eine Verbindung. Es ist der Zusammenschluss mit dir selbst, mit deiner Familie und der ganzen Welt.“ – Das Projektteam

YOUnity ist die Idee von einer dreiteiligen Bücherreihe, die die Coming-Out-Zeitreise darstellt. Jedes einzelne Buch dient als Mut- und Mitmachbuch für homosexuelle Jugendliche und ihre Familie. Gleichzeitig sind sie Begleiter und Coach für den gesamten Prozess vor, während und nach dem Coming-Out.

Buch #1: About Me – Mein Weg zu mir selbst
Der erste Teil About Me wurde konzipiert, um sich mit der eigenen Identität und Sexualität zu beschäftigen, offene Fragen zum eigenen Ich zu klären und sich selbst besser zu verstehen. Dieser Teil bereitet auf das eigene Coming-Out vor und stellt das Bedürfnis der Selbstverwirklichung in den Fokus. Zum Abschluss ist das äußere Coming-Out, als Gipfel der Selbstverwirklichung, eine weitere Herausforderung, die in den zweiten Teil About Us überleitet.

Buch #2: About Us – Wir gehen die Reise gemeinsam weiter
About Us verfolgt das Ziel, Eltern und Jugendliche bewusst zusammenzubringen, die Verbundenheit zwischen beiden Parteien zu stärken und Raum für aktive Kommunikation zu schaffen. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema LGBTIQ+ fördert das gegenseitige Verständnis, indem gemeinsam Aufgaben erfüllt und Meilensteine erreicht werden. Dadurch werden Wissenslücken gefüllt, Ängste und Sorgen überwunden und auf beiden Seiten das Bedürfnis nach Kompetenz erfüllt.

Buch #3: For You – Unsere Geschichte für dich
Im dritten Teil For You wird der Austausch von Erfahrungen und Wissen innerhalb einer Community gefördert, um andere bei ihren Coming-Outs zu unterstützen. Daher werden in diesem Buch gemeinsam Erlebnisse, Gedanken und hilfreiche Tipps festgehalten. In sogenannten Paradiesvogel-Bibliotheken kann das Buch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden, während sie gleichzeitig der Gemeinschaft als Safe Space dienen. So können Homosexuelle und ihre Eltern nicht nur andere inspirieren, motivieren und ihnen auf ihrem Weg helfen, sondern auch durch deren Geschichten und Erlebnisse interessante Eindrücke gewinnen.


Die Zielgruppe von YOUnity kann auch auf andere LGBTIQ+ Personen oder diverse Altersgruppen ausgeweitet werden, da das Coming-Out auch hier mit Herausforderungen und Ängsten verbunden ist und eine zentrale Thematik darstellt.


YOUnity ist ein Beispiel für den Einsatz von erlebniszentrierter Gestaltung, um sich gesellschaftsrelevanten Themen wie LGBTIQ+ zu nähern und darauf aufmerksam zu machen. Das Konzept eröffnet die Möglichkeit, positive Erlebnisse zu schaffen und konkrete Veränderungen anzustoßen.

 

Angaben zum Artikel:
Autoren: Ann-Cathrin Lörcher, Nicola Weisner (Team Paradiesvögel)
Lektoren: Dona Duong, Lisa Bonn
Mockups/ Bilder von: Anna Hoch


27.04.22

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