In einem ersten Schritt wurde im gemeinsamen Pilotprojekt mit Sustify der Nutzungskontextanalyse nach Thomas und Bevan [3] nachgegangen, um die neue Zielgruppe der Fachkräfte in westlichen Unternehmen systematisch zu analysieren. Durch die Nutzungskontextanalyse wurden detailliert Informationen über das Produkt, die soziale und physische Nutzungsumgebung, die jeweiligen Nutzendengruppen und Aufgabenschritte, die mit dem Produkt ausgeführt bzw. durchlaufen werden, gesammelt.
Dabei wurde herausgearbeitet, dass sich die Aufgaben und zu vermittelnden Inhalte über die Zielgruppen hinweg nur wenig verändern, sondern vor allem der Umfang an Text, der in den Trainings zur Wissensvermittlung genutzt werden kann, je nach Zielgruppe variiert. Je nach Bildungsniveau und anderen sprachlichen Barrieren ist es demnach für einige Zielgruppen relevant, verstärkt mit Grafiken und Bildern zu arbeiten. Das stellt auch genau die Herausforderung des Unternehmens dar: Die Entwicklung von Trainings mit möglichst wenig Textelementen, um die Lerninhalte Fachkräften unabhängig von deren Lesekompetenz zu vermitteln und gleichzeitig eine gute Usability und positive User Experience zu ermöglichen.
Vorgehen und Ergebnisse
Um aufzuzeigen, wie die Lernapp intuitiv nutzbar gestaltet werden kann, wurde in mehreren Working-Sessions ein Training der Lernapp beispielhaft auf die Heuristiken nach Nielsen [2] untersucht und Verbesserungsvorschläge und Erweiterungen ausgearbeitet. Durch eine Inputphase wurde Sustify die heuristische Evaluation nähergebracht und mittels der beispielhaften Durchführung dazu qualifiziert, die Methode in Zukunft eigenständig anzuwenden.
Darüber hinaus, wurde das Unternehmen nochmals hinsichtlich des Themas der positiven User Experience sensibilisiert und es wurden Ansatzpunkte aufgezeigt, wie in der Lernapp für positives Erleben gestaltet werden kann. In einem zusätzlichen Ideation-Workshop wurden UX-Konzepte entwickelt und neue bzw. abgewandelte Lernspiele entwickelt.
Eine der größten Veränderungen wurde für den letzten für Nutzende sichtbare Screen erarbeitet. Hier erhalten die Lernenden in der aktuellen Version einen Überblick über die durchgeführten Lerneinheiten. In dem neu entwickelten Konzept des Screens soll bei den Nutzenden zukünftig das Gefühl erzeugt werden, nach einer Lerneinheit etwas erreicht zu haben. Mit der Erlebniskategorie „Fortschritt bemerken“ aus dem Lernkontext [1], soll beispielsweise ein zusätzlicher Überblick der Lerneinheiten am Ende jeder Session in Form eines Zeitstrahls ermöglicht werden. Dieser soll den Lernenden zeigen, wie viele Lerneinheiten noch vor ihnen liegen und wie sie in den letzten Lerneinheiten abgeschnitten haben. Darüber hinaus soll der im Training zur Begrüßung und Erklärung von Aufgaben eingesetzte Avatar an dieser Stelle erneut in Erscheinung treten, um die Lernenden ganzheitlich, von Anfang bis Ende durch die Anwendung zu begleiten. Diese und viele weitere Ideen für die Lernapp wurden in einem letzten gemeinsamen Workshop mit Sustify entwickelt und sollen in Zukunft den Nutzenden positive Erlebnisse beim Lernen ermöglichen.
Fazit und Ausblick
Im Projekt hat sich erneut gezeigt, dass die beiden Säulen Usability und User Experience zwar getrennt betrachtet werden müssen und unterschiedliche methodische Herangehensweisen erfordern, allerdings in der Entwicklung von Konzepten und deren Evaluation simultan berücksichtigt werden können.
Für Sustify gilt es im Anschluss an das Projekt die Ideen und Konzepte zu priorisieren, umzusetzen und dabei in einer iterativen Vorgehensweise mit der Zielgruppe zu evaluieren.
Literatur
[1] Die Erlebnisinterviews zum Thema Sprachlernen wurden in einem bezahlten Industrieauftrag zur Gestaltung einer Sprachlern-Plattform der Hochschule der Medien geführt und ausgewertet.
[2] Nielsen, J. (1994a). Enhancing the explanatory power of usability heuristics. Proc. ACM CHI'94 Conf. (Boston, MA, April 24-28), 152-158.
[3] Thomas, C., & Bevan, N. (1996). Usability context analysis: a practical guide.
01.09.22