Im ersten Artikel „Satelliten verstehen – die Grundlagen“ wurde am Beispiel der Sentinel-2-Daten eine kurze Einführung gegeben, wie Satellitendaten aussehen und welche Informationen in den Daten enthalten sind. Außerdem wurden exemplarisch einige Kennzahlen erläutert, die als Grundlage für Falschfarbenbilder und weitere Analysen verwendet werden können. In diesem Artikel werden drei Beispiele für KI-Use-Cases gezeigt, die erfolgreich Satellitendaten der Sentinel-Satelliten einsetzen.
Rauchwolkenerkennung zur Überwachung der Schadstoffemissionen
Kraftwerke in Deutschland müssen sowohl die Stromproduktion als auch die jährlichen Schadstoffemissionen melden. Aus der Größe der beobachteten Rauchwolken (siehe Abbildung 12) und der gemeldeten Emissionen können Modelle gelernt werden. Ziel ist es, in Ländern, in denen keine Meldepflicht für Schadstoffe existiert, die Schadstoffe auf Basis der Rauchwolken schätzen zu können und so die Einhaltung von Schadstoffgrenzen und den Handel mit Treibhausgaszertifikaten überwachen zu können.
Abbildung 1: Rauchwolkenerkennung, Quelle:
Mehr Informationen zum Projekt:
https://hsg-aiml.github.io/2020/11/24/Characterization_of_Industrial_Smoke_Plumes_from_Remote_Sensing_Data.html
Müllteppiche im Meer erkennen
Immer mehr Plastikmüll sammelt sich in den Ozeanen. Um diesen Müll zu überwachen und bestenfalls beseitigen zu können, werden Verfahren entwickelt, um den Müll auf Basis der Sentinel-2-Satellitendaten und Einsatz von Machine Learning aufzuspüren. Hierzu wurden zunächst Müllteppiche (Netze gefüllt mit Plastikmüll) manuell erstellt und im Meer platziert. Bilder von diesen künstlich erzeugten Müllteppichen wurden dann als Trainingsdaten für Machine-Learning-Verfahren verwendet. In neuen Satellitenbildern kann das KI-System nun in 86% Prozent der Fälle Plastikmüll erfolgreich von anderen natürlichen Materialien wie Seegras, Holz oder Meerschaum unterscheiden.
Mehr Informationen zum Vorhaben:
https://reset.org/ki-und-satellitentechnologie-helfen-beim-aufspueren-ozeanplastik-05052020/
Baumartenbestimmung
Bisher wurden die Baumartenbestände regional durch aufwändige Bundeswaldinventuren, die nur alle 10 Jahre durchgeführt werden, bestimmt. Der Einsatz von Sentinel-2-Satellitendaten und Machine-Learning-Verfahren ermöglicht nun jährliche Baumartenbestimmungen. Diese aktuellen Informationen können Forstexperten als Entscheidungsgrundlage dienen, um widerstandsfähige Wälder zu entwickeln, die dem Klimawandel angepasst sind. Für das Trainieren der Machine-Learning-Modelle wurden die Sentinel-Satellitenbilder und Beispiele aus bisherigen manuell erhobenen Daten aus Forstinventuren verwendet. Das Ergebnis ist ein frei zugänglicher interaktiver Waldmonitor, der anzeigt, wo welche Baumart vorherrscht. Ein Ausschnitt daraus ist in Abbildung 13 zu sehen.
Abbildung 2: Baumartenbestimmung mit dem Waldmonitor
Quelle: /
Der Link zum interaktiven Waldmonitor lautet:
https://map3d.remote-sensing-solutions.de/waldmonitor-deutschland/
Mehr Informationen zum Projekt:
www.mdr.de/wissen/wald/waldinventur-aus-dem-all-satellitenbilder-fuer-karte-der-baumarten-100.html
Weitere Satelliten der Sentinel-Familie
Abbildung 3: Ein Sentinel-1 Satellit
Quelle: https://www.d-copernicus.de/daten/satelliten/daten-sentinels/
Der Sentinel-2-Satellit und die daraus verfügbaren Daten sind nur ein Teil der Sentinel-Satellitenfamilie. Weitere Satelliten wie zum Beispiel aus der Sentinel-1-Mission liefern Radardaten, die unter anderem für Bodenanalysen verwendet werden können, die Sentinel-3-Satelliten liefern Daten zur Beobachtung der Weltmeere, Sentinel-4 ermöglicht die Beobachtung der Luftqualität und Sentinel-5 ist eine Mission zur Messung der Atmosphärengase weltweit. Mehr Informationen dazu unter:
https://www.d-copernicus.de/daten/satelliten/daten-sentinels/
Sie kennen nun die Grundlagen der Sentinel-2-Satellitendaten, einige daraus ableitbare Indizes, haben ein Verständnis dafür, welche Informationen die Daten beinhalten, und haben einige KI-Use-Cases kennengelernt. Vielleicht finden Sie im eigenen Umfeld einen KI-Use-Case oder können einen bereits bestehenden Use Case mit Hilfe der Satellitendaten optimieren. Insbesondere wenn Sie im Umfeld des Landmonitoring, Katastrophen- und Krisenmanagements, der Landwirtschaft, im Umwelt- und Naturschutz, in der Wald- und Forstwirtschaft, Meeresumwelt, Sicherheit, im Verkehr oder in der Mobilität tätig sind, liegt ein großes Potenzial vor.
17.11.21