In Diskussionen über künstliche Intelligenz (KI) tauchen oft die Begriffe „Algorithmus“, „künstliche Intelligenz“ und „menschliche Intelligenz“ auf. Die klare Unterscheidung zwischen diesen Begriffen und ihre exakte Bedeutung verschwimmen dabei. Dieser Beitrag widmet sich daher den Definitionen und Unterschieden zwischen diesen grundlegenden Begriffen, um ein genaueres Verständnis zu ermöglichen. Algorithmen werden für das schrittweise Lösen bestimmter Probleme oder das Ausführen bestimmter Aufgaben verwendet. Sie sind präzise Anweisungen in einer strukturierten Abfolge. KI‑Systeme sollen komplexe und spezifische Problemstellungen lösen, dafür benötigen sie große Datenmengen und die konkrete Vorgehensweise wird beim maschinellen Lernen nicht vorab definiert. Der Mensch kann komplexe Aufgaben bewältigen, Muster erkennen, Wissen erwerben, speichern und abrufen sowie auf unterschiedliche Herausforderungen angemessen reagieren. Im Folgenden werden die Begriffe einzeln betrachtet, um die Unterscheide genauer hervorzuheben.
Was ist ein Algorithmus?
Der Begriff „Algorithmus“ hat seinen Ursprung im Namen des Mathematikers und Gelehrten Muhammad ibn Musa al-Khwarizmi, der im 9. Jahrhundert bedeutende Beiträge zur Mathematik leistete. Er entwickelte eine systematische Methode zur Lösung linearer und quadratischer Gleichungen. Sein Name, al-Khwarizmi, prägte schließlich den Begriff „Algorithmus“, der sich auf eine schrittweise Methode zur Durchführung mathematischer Berechnungen bezieht [1].
Algorithmen sind im Wesentlichen eine Reihe von Anweisungen, mit denen bestimmte Probleme gelöst oder bestimmte Aufgaben ausgeführt werden können. Man kann sie sich als Rezepte für die Bewältigung einer Aufgabe oder die Lösung eines Rätsels vorstellen, wobei einzelne Schritte festgelegt werden. Algorithmen sind in unserem täglichen Leben allgegenwärtig, von den einfachen Schritten zum Aufbrühen einer Tasse Tee (zuerst Wasser aufkochen, dann Tee darin aufbrühen und nach einer gewissen Zeit den Teebeutel wieder entfernen) über Wenn‑Dann‑Formulierungen bis hin zu komplexen Berechnungen. Mit Beginn des Computerzeitalters nahmen Algorithmen eine Schlüsselrolle ein, um das Verhalten der immer komplexer werdenden technischen Systeme zu definieren. Die Algorithmen moderner Computerprogramme enthalten oft viele tausend Zeilen Code und lassen sich in Abfolgen von Millionen Computerbefehlen übersetzen. Algorithmen helfen dabei, Aufgaben effizient auszuführen und sind daher in verschiedenen Bereichen unerlässlich, z. B. beim Sortieren von Daten, bei der Suche oder bei Optimierungsproblemen.
Was ist künstliche Intelligenz?
Künstliche Intelligenz, (englisch: Artificial Intelligence, kurz: AI oder KI), beschreibt ein breites Feld mathematischer Methoden, darunter sowohl symbolische (auch regelbasiert genannt) als auch datengetriebene Ansätze. Viele dieser Methoden ermöglichen neue Herangehensweisen bei der Entwicklung von anspruchsvollen Computersystemen. Während die Beschreibung von symbolischen Ansätzen in der KI eng mit dem Konzept eines Algorithmus verbunden ist, lässt sich das klassische Konzept eines Algorithmus nicht ohne Weiteres auf das gesamte Feld moderner KI übertragen.
Mittelstand‑Digital definiert KI-Anwendungen als technische Systeme, die selbstständig Situationen und Umgebungen erfassen und daraus Schlussfolgerungen ableiten können [2]. Bei dieser Definition wird der Aspekt der Lernfähigkeit von technischen Systemen hervorgehoben und damit verbunden die Anpassungsfähigkeit an bestimmte Situationen. Dies geschieht in der Regel auf der Basis von Daten in einem spezifischen Anwendungsfeld. Auch wenn heute über künstliche Intelligenz geredet wird, wird meistens Maschinelles Lernen (englisch: Maschine Learning, kurz: ML) gemeint, also datengetriebene Ansätze in der KI. Bei Maschinellem Lernen wird nun nicht mehr der Lösungsweg beschrieben, wie es beim Algorithmus der Fall ist, sondern die Problemstellung. Somit besteht der grundsätzliche Unterscheid zum Algorithmus darin, dass nicht mehr im Vordergrund steht, wie ein Problem gelöst werden soll, sondern welches Problem gelöst werden soll. Das heißt anstatt festzulegen, wie mit den Daten umgegangen werden soll (Algorithmus), wird eine Problemstellung adressiert. ML lernt dann wie mit den Daten umgegangen werden soll, sodass die Problemstellung gelöst wird. Das „wie“ ist somit bei ML nicht vorher festgelegt. Das gezeigte Verhalten eines datengetrieben KI‑Systems (ML), wird, wie die Begrifflichkeit suggeriert, durch die Daten bestimmt und ist daher größtenteils von der Art der Daten abhängig.
KI hat in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht und viele erfolgreiche Anwendungen hervorgebracht mit denen wir in unserem Arbeits- und Alltagsleben zu tun haben, ob bewusst oder unterbewusst. Die KI‑Anwendungen reichen von virtuellen Assistenten bis hin zu autonomen Fahrzeugen, Gesundheitsdiagnostik, Finanzmodellierung oder Sprachmodellen. Allerdings befinden sich diese KI‑Anwendungen im Bereich der „engen KI“. Enge oder auch schwache KI (englisch: Narrow AI oder weak AI) bezeichnet KI‑Systeme, die sich mit einem konkreten Anwendungsproblem beschäftigen. Mit ihr können klar definierte Aufgaben oder Probleme mit einer festgelegten Methodik gelöst werden. Auf diese Art kommt KI typischerweise zur praktischen Anwendung. Dem gegenüber steht der Begriff der starken KI (englisch: strong AI). Das ist eine theoretische Form der KI, welche eine Intelligenz anstrebt, die der des Menschen in allen Dimensionen ebenbürtig ist und somit eine allgemeine Intelligenz entwickelt. Bis heute gibt es noch keine tatsächliche Umsetzung dieser Form der KI und von einer solchen Entwicklung sind wir wahrscheinlich auch noch Jahrzehnte entfernt. Vielleicht wird es eine derartige „Super-KI“ sogar niemals geben.
Was ist menschliche Intelligenz?
Menschliche Intelligenz ist eine facettenreiche und vielschichtige kognitive Fähigkeit des Menschen, die ein breites Spektrum umfasst, darunter fällt unter anderem Informationsverarbeitung, Problemlösen, Lernen, logisches Denken, Gedächtnis, Kreativität und emotionales sowie soziales Verständnis [3]. Es ist die Fähigkeit, komplexe Aufgaben zu bewältigen, Muster zu erkennen, Wissen zu erwerben, zu speichern und abzurufen sowie auf unterschiedliche Herausforderungen angemessen zu reagieren und sich in verschiedenen Situationen und Kontexten anpassen zu können. Die menschliche Intelligenz ist also nicht nur auf eine einzelne Fähigkeit oder Aufgabenstellung beschränkt, sondern resultiert aus einem Zusammenspiel verschiedener kognitiver Prozesse im Gehirn. Menschliche Intelligenz ist dynamisch und wird durch Lernen, Erfahrungen sowie soziale Interaktionen stetig geformt. Es ist möglich, im Verlauf des gesamten Lebens kontinuierlich zu lernen und fortlaufend neue Informationen zu assimilieren, also aufzunehmen und zu integrieren. Der fortlaufende Lernprozess stärkt nicht nur vorhandenes Wissen, sondern fördert auch die Anpassungsfähigkeit des Denkens und die Neuroplastizität des Gehirns, also die Fähigkeit des Gehirns neue neuronale Verbindungen zu bilden und bereits bestehende neuronale Strukturen zu verändern und anzupassen. Jeder Mensch zeigt eine einzigartige Kombination von Fähigkeiten und Stärken im Bereich der Intelligenz und es gibt verschiedene Theorien und Modelle, die versuchen, die Natur und Struktur der menschlichen Intelligenz zu erklären.
Das menschliche Gehirn besitzt eine begrenzte Rechenleistung. Das bedeutet, dass der Mensch in der Lage sein muss, effizient aus einer begrenzten Datenmenge zu lernen und seine Rechenressourcen optimal zu nutzen. So kann ein Mensch bereits auf Basis von sehr wenigen „Daten“ lernen und sich weiterentwickeln. Genau das ist eine Herausforderung für KI. KI-Systeme beruhen auf sehr großen Datenmengen. Viele der KI-Systeme, mit denen wir heute zu tun haben, wie etwa ChatGPT, werden mit Daten trainiert, die denen vieler Menschenleben entsprechen. Sie kommen somit nicht annähernd an die Leistungsfähigkeit des Gehirns heran.
Sprachlich können die Konstrukte der künstlichen und menschlichen Intelligenz vermischt werden, da Neuronale Netze als Methode der Künstlichen Intelligenz sich auf die Analogie der Neuronen des Gehirns berufen. Neuronale Netze sind ein vereinfachtes Modell, dass aus vielen künstlichen Neuronen besteht. Künstliche Neuronen sind aus dem Vorbild der Nervenzelle (Neuron) des Gehirns entstanden. Beide können Eingaben verarbeiten und geben Informationen weiter. Häufig werden Künstliche Neuronen in einem neuronalen Netz als Knoten bezeichnet.
So beeindruckend die Fortschritte der KI auch sind und KI in spezifischen Anwendungsfällen sogar den Menschen übertrifft, kann sie die vielen Facetten der menschlichen Intelligenz und auch das Zusammenspiel der Facetten noch nicht nachahmen. Beispiele für solche Facetten sind zum Beispiel die Fähigkeiten zu verallgemeinern, Erklärungen zu finden, Kausalitäten zu analysieren, zu abstrahieren, oder die komplexe und nahtlose Integration von Lernen und Denken auf der Grundlage von implizitem und explizitem Wissen [4]. Außerdem ist KI hingegen zum Menschen nicht in der Lage, als ein generelles Erkennungs- und Aktivitätssystem zu fungieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Algorithmen präzise Anweisungen zur Lösung bestimmter Probleme sind. Sie beschreiben also schrittweise, wie mit Daten umgegangen werden soll. Künstliche Intelligenz umfasst die Entwicklung von Systemen, die spezifische Aufgaben erfüllen können, durch das Erfassen der Umgebung und ableiten von Schlussfolgerungen. Dabei wird beim Maschinellen Lernen das „wie“ beim Umgang der Daten gelernt und nicht vorab definiert. Menschliche Intelligenz hingegen ist die multidimensionale kognitive Fähigkeit die unter anderem Informationsverarbeitung, Problemlösung, Kreativität und emotionales Verständnis umfasst. Die Dynamik der menschlichen Intelligenz, geformt durch kontinuierliches Lernen und Erfahrungen, hebt sich von den gegenwärtigen Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz ab.
[1] Brockhaus Enzyklopädie Online, Mohammed Ibn Musa Charismi. (aufgerufen am 2023-10-06), NE GmbH Brockhaus
[2] Mittelstand-Digital. (o. J.). Künstliche Intelligenz. Mittelstand-Digital. Abgerufen 29. Juni 2023, von https://www.mittelstand-digital.de/MD/Redaktion/DE/Dossiers/A-Z/kuenstliche-intelligenz.html
[3] Colom, R., Karama, S., Jung, R. E., & Haier, R. J. (2010). Human intelligence and brain networks. Dialogues in Clinical Neuroscience, 12(4), 489–501.
[4] Booch, G., Fabiano, F., Horesh, L., Kate, K., Lenchner, J., Linck, N., Loreggia, A., Murgesan, K., Mattei, N., Rossi, F., & Srivastava, B. (2021). Thinking Fast and Slow in AI. Proceedings of the AAAI Conference on Artificial Intelligence, 35(17), Article 17.
24.11.23