Der Wunsch, Nutzererlebnisse zu personalisieren, hat sich mit technologischen Fortschritten verstärkt. Während Schrittzähler und Fitness-Tracker körperliche Aktivitäten erfassen, könnte Eye-Tracking bald dasselbe für kognitive Zustände leisten. Eine aktuelle Studie von Forschenden des Karlsruher Instituts für Technologie untersucht, wie Eye-Tracking-Daten mit Methoden des maschinellen Lernens genutzt werden können, um kognitive Zustände wie kognitive Belastung und Flow zu erkennen. Die Ergebnisse zeigen das Potenzial, Eye-Tracking in reale Anwendungsfelder zu bringen und so interaktive Systeme zu revolutionieren.
Die Autoren haben im Rahmen ihrer Studie das System „esmLoop“ entwickelt, eine Desktop-Anwendung zur Sammlung von Eye-Tracking-Daten und Selbstauskunftsdaten mittels Experience Sampling Method (ESM). Elf Teilnehmende arbeiteten über fünf Tage hinweg an ihren Abschlussarbeiten und lieferten kontinuierlich Daten zu ihren kognitiven Zuständen. Durch die Kombination von Eye-Tracking und maschinellem Lernen konnten Modelle entwickelt werden, die kognitive Zustände vorhersagen.
Die Studie konzentrierte sich auf die Erkennung zweier kognitiver Zustände. Zum einen wurde die kognitive Belastung untersucht, die als die Menge an mentalen Ressourcen definiert wird, die gerade beansprucht werden. Studien zeigen, dass Pupillenvergrößerung und andere Augenbewegungen verlässliche Indikatoren für diesen Zustand sind. Zum anderen analysierte die Studie den sogenannten Flow-Zustand, der die völlige Vertiefung in eine Aufgabe beschreibt. Hier zeigte sich, dass Faktoren wie Fokus und klare Ziele eine wesentliche Rolle spielen, was sich auch in den Augenbewegungen widerspiegelt.
Die Ergebnisse zeigten, dass speziell entwickelte Modelle kognitive Zustände aus den Daten von Schreibaufgaben präzise erkennen konnten. Dies unterstreicht die Machbarkeit von Eye-Tracking-Technologien in praxisnahen Szenarien. Die Forschung machte jedoch auch deutlich, dass es Herausforderungen gibt. Um verlässliche und generalisierbare Modelle zu entwickeln, müssen Daten aus vielfältigen Aufgaben und Umgebungen gesammelt werden. Außerdem erschwerten technische Probleme mit Eye-Tracking-Geräten die Datenerhebung. Dennoch zeigte die Studie, dass Feldforschung eine solide Basis für maschinelles Lernen schafft und zukünftige Anwendungen ermöglicht.
Diese Forschung legt den Grundstein für interaktive Systeme, die sich dynamisch an die kognitiven Zustände der Nutzer anpassen. Von personalisierten Lernplattformen bis hin zu Arbeitsplatzlösungen, die Überlastung reduzieren, sind die Möglichkeiten vielfältig. Eye-Tracking-Technologien könnten künftig in Echtzeit Rückmeldung geben, was nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch das Wohlbefinden verbessert. Die Kombination aus Eye-Tracking und maschinellem Lernen wird die Interaktion zwischen Mensch und Technologie neu definieren. Durch die Erweiterung dieser Ansätze auf verschiedene Branchen, wie Bildung und Arbeitswelt, könnte eine neue Ära der Personalisierung und Effizienz eingeläutet werden.
Weitere Information zu diesem Thema finden Sie in der folgenden wissenschaftlichen Publikation:
Langner, M.; Toreini, P.; Maedche, A. (2024). Cognitive state detection with eye tracking in the field: an experience sampling study and its lessons learned. i-com. doi:10.1515/icom-2023-0035