Im Zuge der COVID-19-Pandemie gewinnt die Diskussion über Telearbeit immer mehr an Bedeutung. Plötzlich sind Unternehmen gezwungen, sich intensiv mit mobiler Arbeit und digitalen Lösungen der Zusammenarbeit auseinanderzusetzen.
Dabei wurde der Begriff der Telearbeit erst in jüngerer Zeit – nämlich mit der Novellierung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV, 2016) – erstmals legaldefiniert. Danach sind „Telearbeitsplätze […] vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat“ (ArbStättV, 2016, § 2 Abs. 7). Hierbei kann Telearbeit auf verschiedene Weise organisiert werden. Bei alternierender Telearbeit erfolgt – unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik – ein Wechsel zwischen dem Arbeitsplatz in der Betriebstätte und dem eingerichteten Arbeitsplatz in der privaten Wohnung.
Zur Erfassung der Auswirkungen alternierender Telearbeit auf das Arbeits- und Organisationsklima entwickelten Jochen Prümper und Martin Minx (2019) den Fragebogen EVATEL (Fragebogen zur Evaluation alternierender Telearbeit), der mit 21 Items die sieben Themenfelder „Kommunikation“, „Arbeitsklima“, „Technik“, „Produktivität“, „Wohlbefinden“, „Arbeitsablauf“ und „Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben“ erfasst. Die Antworten wurden auf fünfstufigen Likert-Skalen erhoben.
Erste Ergebnisse anhand einer Studie von N = 181 Beschäftigen einer Berliner Hochschule (Professor/-innen, sonstiges wissenschaftliches Personal, nichtwissenschaftliches Personal) aus den Jahren 2017/2018 zeigen, dass sowohl Beschäftigte mit Erfahrungen mit alternierender Telearbeit, als auch Beschäftigte ohne entsprechende Erfahrungen das Arbeits- und Organisationsklima in allen sieben Dimensionen weitestgehend positiv beurteilen. Besonders positiv wirkt sich alternierende Telearbeit auf die „Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben“ aus. Jedoch muss dieses Ergebnis vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Situation differenziert betrachtet werden. Gerade Eltern von Kindern im Kindergartenalter und auch von schulpflichtigen Kindern sahen sich mit besonderen organisatorischen Herausforderungen konfrontiert. Schließlich mussten sie aufgrund von Kindergarten- und Schulschließungen die Kinderbetreuung und berufliche Anforderungen in Einklang bringen.
Darüber hinaus bewerten sowohl Führungskräfte von Beschäftigten mit alternierender Telearbeit, als auch die unmittelbaren Kolleg/-innen, das durch Telearbeit beeinflusste Arbeits- und Organisationsklima schlechter als die Beschäftigten, die in alternierender Telearbeit arbeiten. Diese Bedenken müssen ernst genommen und bei entsprechenden organisatorischen Veränderungen transparent aufgegriffen werden. Im Zuge dessen bieten sich insbesondere Instrumente aus dem Spektrum der agilen Arbeit an, welche sich dazu eigenen, gezielt das Organisationsklima in Unternehmen mit einem hohen Maß an Telearbeit zu fördern. So könnten regelmäßige virtuelle Retrospektiven zur gezielten Optimierung der Zusammenarbeit durchgeführt werden. Auch wäre es denkbar, in einem gemeinsamen virtuellen Team-Meeting ein Manifest mit Kriterien einer konstruktiven virtuellen Zusammenarbeit zu erarbeiten.
Zusammenfassend betrachtet unterstreichen die Ergebnisse den grundlegend positiven Einfluss von alternierender Telearbeit auf die Bewertung des Arbeits- und Organisationsklimas, was sich wiederrum auf die Attraktivität der Institution für potentielle ArbeitnehmerInnen positiv auswirken kann. So wäre es aus organisationspsychologischer Sicht zu begrüßen, wenn sich auch nach Corona Unternehmen verstärkt mit Möglichkeiten mobiler Arbeit befassen und so die Arbeitgeberattraktivität auf der einen und den Handlungsspielraum der Beschäftigten auf der anderen Seite fördern.
20.08.20