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Die Welt des Produktdesigns hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert und drei zentrale Ansätze - das Human-Centered Design (HCD), das Humanistic Design und das Responsible Design - spiegeln diese Entwicklung wider. Im Blogbeitrag werden die drei Ansätze kurz präsentiert und miteinander verglichen, um Produktdesigner:innen einen ersten Einblick zu geben und bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen.

Während der letzten Jahrzehnte hat sich die Welt des Designs verändert, weil sich die Bedürfnisse der Gesellschaft stetig ändern oder Auswirkungen von Produkten und Dienstleistungen auf die Umwelt an Relevanz gewinnen und dadurch auch die Verantwortung der Designer wächst. Drei zentrale Ansätze, die diese Entwicklung aufgreifen, sind das Humanistic Design, das Human-Centered Design (HCD), und das Responsible Design. Zur besseren Anwendung werden die Ansätze und ihre verschiedenen Sichtweisen hier aufgezeigt:

Human-Centered Design = Menschzentrierter Gestaltungsansatz

Der HCD-Ansatz stellt die Gebrauchstauglichkeit von neuen Produkten oder Dienstleistungen in den Fokus [1]. Die Anforderungen der Nutzer:innen werden über den gesamten Designprozess hinweg erfasst und integriert. Dazu wird ein iterativer Prozess mit vier Schritten durchlaufen:

  1. Beschreibung des Nutzungskontextes
  2. Festlegen von Nutzungsanforderungen
  3. Entwicklung entsprechender Gestaltungslösungen
  4. Evaluation

Die Entwickler:innen können hierbei je nach Anwendungskontext und Entwicklungsgrad des Produktes entscheiden, an welcher Stelle sie den Prozess starten [1].

Der HCD-Ansatz ermöglicht somit eine nutzerzentrierte Entwicklung, um die Nutzerfreundlichkeit eines Produktes und damit dessen Erfolg zu erhöhen [2]. Werden die Nutzer:innen hingegen bei der Entwicklung vernachlässigt, kann sich dies nachteilig auf den Erfolg des Produktes auswirken [3].

Im Rahmen des Ansatzes gelten vier verschiedene Prinzipien [4]:

  • Fokus auf die Nutzer:innen
  • Lösung zentraler und grundlegender Probleme und nicht nur eines aktuell präsentierten Problems
  • Einnahme einer systemischen Perspektive, da Konflikte meistens ein Resultat der Wechselwirkungen untereinander sind  
  • Stetige Optimierung der Entwicklungen, um den Einbezug der Bedürfnisse sicherzustellen

Humanistic Design: Die Gesellschaft im Zentrum

Der Ansatz des Humanistic Designs zeichnet sich durch seine ganzheitliche Perspektive aus. Statt sich auf individuelle Bedürfnisse zu konzentrieren, liegt der Schwerpunkt auf gesamtgesellschaftlichen Anforderungen [4]. Dabei schließt der Designansatz die gesamte Menschheit und das Ökosystem ein und betont die Verantwortung der Entwickler:innen für die Gesellschaft [5].

Das Ziel des Humanistic Designs besteht darin, komplexe soziotechnische Probleme zu analysieren, Vorurteile zu überwinden und verschiedene Kulturen einzubinden [5]. Dabei werden wie im HCD-Ansatz, Lösungen kontinuierlich optimiert. Das Humanistic Design greift die Prinzipien des HCD-Ansatzes auf, erweitert dessen nutzerzentrierten Fokus jedoch um eine gesamtgesellschaftliche Perspektive. So werden beispielsweise Umweltauswirkungen und die Bedürfnisse der gesamten Menschheit berücksichtigt [4, 5].

Auch die systemische Perspektive des HCDs mit der angenommenen Wechselwirkung verschiedener Konflikte wird erweitert. Dabei wird beim Humanistic Design angenommen, dass die meisten Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt erst nach einigen Jahren erkennbar werden.

Zusammengefasst sind die Prinzipien des HCD und des Humanistic Designs dieselben, nur dass der gesamtgesellschaftlichen Perspektive und der Zusammenarbeit zwischen Entwickler:innen und Gesellschaft im Humanistic Design eine größere Bedeutung eingeräumt wird.  Designer:innen nehmen somit eine vermittelnde Rolle ein, dienen als „gesellschaftliche Ressource“ und unterstützen bei der Erreichung gesellschaftlicher Ziele [4].

Responsible Design: Die Verantwortung im Design

Das Responsible Design ist ein gestalterischer Ansatz, der die ethische, soziale und ökologische Verantwortung betont [6]. Ziel des Ansatzes ist es, sich positiv auf Gesellschaft und Umwelt auszuwirken und potenziell negative Folgen zu minimieren [7]. Dabei werden Designer:innen, ähnlich wie im Humanistic Design, dazu ermutigt, über den rein funktionalen Aspekt ihrer Produkte oder Dienstleistungen hinauszugehen und die langfristigen Auswirkungen auf verschiedene Interessengruppen und die Umwelt zu berücksichtigen [8].

Der Responsible Design-Ansatz hebt die Verantwortung bei der Interaktion von Mensch und Computer hervor und betont dabei vier Konzepte [8]:

  • Reflexivität stellt eine kritische Reflexion in Forschungs- und Innovationsprozessen dar.
  • Responsivität beinhaltet ein reaktionsfähiges Handeln im Hier und Jetzt.
  • Inklusion ermöglicht eine fortlaufende Einbindung der Gesellschaft in allen Phasen von Forschungs- und Innovationsprozessen.
  • Antizipation von möglichen Zukunftsszenarien, z. B. durch Diskussionen mit Interessengruppen, betont die Notwendigkeit, basierend auf aktuellen Nutzungsproblemen eines Produktes, die Zukunft zu gestalten. Trial-and-Error wird als pragmatischer Weg vorgeschlagen, um kontinuierlich in die Zukunft voranzuschreiten [8].

 

Fazit

Gemeinsam haben die drei Designansätze, dass Produkte für Menschen und nicht allein aufgrund von ästhetischen Abwägungen gestaltet werden sollten oder das Vorhandensein zentraler Prinzipien/Konzepte. Der Fokus der Ansätze unterscheidet sich jedoch, von einem sehr nutzerzentrierten HCD-Ansatz, über den Humanistic Design-Ansatz, der auch gesellschaftliche und umweltbezogene Aspekte explizit einbezieht, bis hin zum Responsible Design-Ansatz, der das Produktdesign ebenfalls ganzheitlich betrachtet, aber insbesondere die ethische, soziale und gesellschaftliche Verantwortung von Designer:innen betont.

Insgesamt bieten alle drei die Möglichkeit ethisch verantwortungsbewusste und nachhaltige Lösungen zu schaffen und es besteht die Möglichkeit, den Ansatz zu wählen, der am besten zu den eigenen Vorstellungen und Zielen passt.

 

[1] DIN e.V. (2020). DIN EN ISO 9241-210:2020-03. In DIN e.V. (Hrsg.), Ergonomie der Mensch-System-Interaktion – Teil 210: Menschzentrierte Gestaltung interaktiver    Syteme (ISO 924-210:2019). Beuth-Verlag.

[2] Melles, M., Albayrak, A., & Goossens, R. (2020). Innovating health care: key characteristics       of human-centered design. International Journal of Quality in Health Care, 33(S1), 37-44. doi.org/10.1093/intqhc/mzaa127

[3] Nguyen, H. N., Lasa, G., Iriarte, I., Atxa, A., Unamuno, G., & Galfarsoro, G. (2022). Human centered design for advanced services: A multidimensional design methodology. Advanced Engineering Inforamatics, 53, 101720. https://doi.org/10.1016/j.aei.2022.101720

[4]  Humanity-Centered versus Human-Centered Design – Don Norman's JND.org

[5] What is Humanity-Centered Design? | IxDF (interaction-design.org)

[6] Responsible Design | School of Design and Creative Arts | Loughborough University (lboro.ac.uk)

[7] What is Responsible Design?. A reminder of what Responsible Design… | by Cecilia Scolaro | Responsible Design | Medium

[8] Grimpe, B., Hartswood, M., & Jirotka, M. (April, 2014). Towards a Closer Dialogue between Policy and Practice: Responsible Design in HCI [Konferenzbeitrag]. CHI 2014, Toronto, Canada. https://doi.org/10.1145/2556288.2557364

 


04.03.24

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