In ihrem Artikel "The Icons of Access: From Exclusion to Inclusion" (2009) untersuchen Justin J.W. Powell und Liat Ben-Moshe die Geschichte des Symbols für barrierefreie Zugänge. Dieses Symbol spiegelt ihrer Meinung nach den Wandel von der Ausgrenzung zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen wider (Powell und Ben-Moshe 2009: 90). Gegenwärtig werden, im Zuge des 2025 in Kraft tretenden Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), verschiedene Barrierefreiheitsanforderungen diskutiert und umgesetzt. Dabei lohnt sich auch ein Blick auf die Entwicklung des Symbols für barrierefreie Zugänge. Im Groben lassen sich vier Entwicklungsstufen (siehe Bild) unterscheiden:
- Phase der sozialen Ausgrenzung bis 1968: In dieser Phase wurden Barrieren kaum erkannt oder beseitigt, daher gab es kein Symbol für barrierefreie Zugänge. Menschen mit Behinderung wurden in dieser Zeit kaum berücksichtig und gesellschaftlich anerkannt.
- Entwicklung eines globalen Standards ab 1968: Ein Wettbewerb zur Gestaltung eines Symbols für Barrierefreiheit wurde ausgeschrieben, um einen globalen Standard zu etablieren. Der ausgewählte Entwurf stellte den weißen Umriss eines Rollstuhls in den Mittelpunkt des Symbols. Im Vordergrund stand somit nicht der Mensch selbst, sondern sein technisches Hilfsmittel Nach Diskussionen im Ausschuss wurde dem Symbol ein Kopf hinzugefügt.
- Genormte Darstellung ab 1969: Das überarbeitete Symbol, das eine Person im Rollstuhl in einem blauen Quadrat zeigt, wurde weltweit verbreitet. Als genormtes Symbol stellt es sowohl die Behinderung als auch das Hilfsmittel dar und verbindet das technische mit dem menschlichen (Haraway 2007: 245). Die Kritik an der dritten Stufe verweist auf die Bedeutung des Teilhaberechts, das eine klare Unterscheidung zwischen dem Menschen und seinem Hilfsmittel fordert. Die statische Darstellung der Person im Rollstuhl lässt den Eindruck entstehen, dass sie an den Rollstuhl „gefesselt“ ist und auf die Hilfe anderer angewiesen scheint.
- Aktives Symbol ab 2013: Die vierte Stufe des Symbols zeigt eine aktive Person im Rollstuhl, die die Vorteile barrierefreier Räume nutzt. Das Symbol unterstreicht die selbstbestimmte und aktive Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.
Das Symbol weist nicht nur auf barrierefreie Räume hin, sondern spiegelt auch die gesellschaftlichen Praktiken und die Lebensrealität von Menschen mit Behinderungen wider, die in den Entwicklungsstufen des Symbols zum Ausdruck kommen (Powell und Ben-Moshe 2009: 91). Powell und Ben-Moshe argumentieren, dass diese Anpassung des Symbols das Bewusstsein für Barrierefreiheit und die selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft weiter schärft. Der Übergang zwischen den vier Entwicklungsstufen des Symbols zeigt daher den tiefgreifenden Wandel von der Ausgrenzung zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Diese Entwicklung trägt zur Identitätsbildung (Powell und Ben-Moshe 2009: 92) und Anerkennung von Menschen mit Behinderungen bei und unterstreicht die Bedeutung der menschlichen Persönlichkeit über die Behinderung oder das Hilfsmittel hinaus.
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Inklusion von Menschen mit Behinderungen bereits mit ihrer Darstellung beginnt. Symbole vermitteln immer auch ein bestimmtes Menschenbild und spiegeln zugleich die dahinterliegenden Vorstellungen wider. Die Art und Weise, wie Behinderung dargestellt wird und wie wir über Menschen mit Behinderungen sprechen, beeinflusst maßgeblich, wie wir sie wahrnehmen. Es liegt an uns, sicherzustellen, dass kein Mensch ausgeschlossen wird und wir eine inklusive Gesellschaft schaffen.
Quellen:
Haraway, Donna. 2007. „Ein Manifest für Cyborgs. Feminismus im Streit mit den Technowissenschaften (1985)“. S. 238–77 in Reader Neue Medien, herausgegeben von K. Bruns und R. Reichert. transcript Verlag.
Powell, Justin J. W., und Liat Ben-Moshe. 2009. „The Icons of Access: From Exclusion to Inclusion“. Stimulus Respond (Autumn).
22.08.24