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Im Umsetzungsprojekt zur Interaktion mit Künstlicher Intelligenz (KI) wurde der menschzentrierte Gestaltungsprozess durchlaufen, um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI positiv zu gestalten. Das Vorgehen wird in Form eines Leitfadens mit Hinweisen zur Methodik im KI-Kontext vorgestellt.

Durch die Digitalisierung verändern sich Arbeitsplätze zum Teil radikal. Es kommt zu einer neuen Verteilung der Aufgaben zwischen Mensch und Maschine. Tätigkeiten werden von Maschinen übernommen, neue Aufgaben für Nutzende entstehen und Mensch und Maschine arbeiten verstärkt kooperativ. Dabei kommen neue digitale Technologien zum Einsatz, die die Interaktion mit der Technik revolutionieren. Das Anwendungsspektrum von Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) ist bspw. nahezu unbegrenzt. Zum einen werden neue intelligente und innovative Anwendungen ermöglicht, die nur mit KI-Algorithmen möglich sind. Mindestens genauso interessant ist aber der Einsatz der KI zur Verbesserung und Optimierung bestehender Prozesse, Projekte, Produkte und Geschäftsmodelle. Zudem eröffnen sich mit KI neue Formen der Interaktion. Die Nutzung entwickelt sich eher zu einer Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI. Um diese Zusammenarbeit zu gestalten, ist es entscheidend die richtige Mischung aus effizienten Methoden, Empathie mit Nutzenden und kreativen Ansätzen zu finden. Nur so lassen sich gezielt positive Nutzungserlebnisse gestalten, die für den Markterfolg einer neuen Idee entscheidend sind. Innovationen scheitern und finden wenig Akzeptanz, wenn Nutzende mit ihren spezifischen Bedürfnissen und Anforderungen nicht frühzeitig im Innovationsprozess berücksichtigt werden. Der erlebniszentrierte Innovationsprozess stellt die Nutzenden und deren Perspektive daher konsequent von Beginn an in den Mittelpunkt. Bei all diesen neuen Möglichkeiten muss außerdem immer noch eine einfache Nutzung gegeben sein. Das heißt: Usability spielt eine neue und vielleicht noch wichtigere Rolle beim Einsatz von KI.


Im Umsetzungsprojekt zur Interaktion mit Künstlicher Intelligenz (KI) wurde der menschzentrierte Gestaltungsprozess durchlaufen, um die Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI positiv zu gestalten. Das Vorgehen wird in Form eines Leitfadens mit Hinweisen zur Methodik im KI-Kontext vorgestellt“ Johannes Eckstein, NuCOS GmbH


Der Human Centered Design-Prozess (HCD, auf deutsch „menschzentrierte Gestaltung“) beschreibt die Vorgehensweise, um menschzentriert gestalten zu können. Dabei werden iterativ vier Phasen (Nutzungskontext verstehen, Anforderungen festlegen, Lösung entwerfen, Lösung evaluieren) durchlaufen, welche eine intensive Auseinandersetzung mit der Zielgruppe ermöglichen, die im Fokus der Gestaltung steht. Mit der menschzentrierten Gestaltung wird ein umfassendes Verständnis für den Nutzer, dessen Arbeitsaufgaben und den Nutzungskontext erreicht. Im Folgenden werden für jede dieser Phasen passende Methoden für den KI-Kontext präsentiert, sowie KI-spezifische Hinweise erläutert.

Nutzungskontext verstehen

In dieser Phase wird der Nutzungskontext systematisch betrachtet. Der Benutzer mit seinen Aufgaben und seiner Umgebung wird analysiert und dokumentiert. Dadurch werden Anforderungen sichtbar, welche in einem nächsten Schritt berücksichtigt werden können.

Mit der Nutzungskontextanalyse werden zunächst die Aufgaben, Zielgruppe und deren Umgebung analysiert. Werden Prozesse oder Arbeitsplätze durch den Einsatz von KI neu gestaltet, spiegeln die im Nutzungskontext analysierten Aufgaben nicht zwangsläufig die zukünftige Arbeitsverteilung und Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI wider. Trotzdem bieten die erarbeiteten Aufgaben die Grundlage für die Gestaltung der Mensch-KI-Zusammenarbeit. Denn dadurch kann anhand bestimmter Leitfragen untersucht werden, welche Aufgaben der Mensch und welche die KI übernimmt. Lästige Aufgaben können bspw. von der KI übernommen werden und Aufgaben, die beim Mitarbeitenden z. B. ein Sinn- oder Kompetenzerleben auslösen, sollten weiterhin von diesem übernommen werden.

Dafür kann mit dem Erlebnisinterview der Frage nachgegangen werden, welche Aufgaben bei der Arbeit Spaß machen. Dies hilft, die richtigen Aufgaben weiterhin beim Menschen zu belassen und bspw. lästige Aufgaben an die KI zu übergeben.

Auch mit den Problemszenarien, die Teil des Scenario-Based Design Ansatzes sind, können diese Aufgaben identifiziert werden. Mithilfe der Beschreibung aktueller Problemsituationen aus Sicht der Nutzenden, kann sich in die Realität dieser hineinversetzt und später in der Entwurfsphase überprüft werden, inwiefern die Problemsituationen tatsächlich verbessert wurden. Im KI-Kontext können sich Problemszenarien z. B. auf zeitaufwendige und lästige Routineprozesse beziehen, die dann ggf. von der KI übernommen werden können.

Anforderungen festlegen

In dieser Phase werden anhand der Nutzungskontextanalyse Anforderungen abgeleitet. Diese deuten dann daraufhin, welche Funktionen das System in welcher Qualität anbieten muss, um die geforderten Aufgaben zu erledigen bzw. zu unterstützen.

Der KI-Service-Blueprint-Workshop wurde, wie der Name bereits sagt, speziell für den KI-Kontext und die Gestaltung der Mensch-KI-Zusammenarbeit entwickelt. Er basiert auf dem klassischen Service-Blueprint. Dieser wird in seiner ursprünglichen Version dazu verwendet, alle Berührungspunkte der Nutzenden mit dem Service des Unternehmens zu visualisieren. Dabei wird der gesamte Prozess, die Anforderungen an das System und die dazu benötigten physikalischen und digitalen Ressourcen erarbeitet. Für die Gestaltung der Mensch-KI-Interaktion wurde diese Form des Service-Blueprints um KI-spezifische Komponenten erweitert. So kann menschzentriert die Mensch-KI-Zusammenarbeit auf Basis der Nutzungskontextanalyse gestaltet werden.

Lösung entwerfen

In der Entwurfs- und Gestaltungsphase werden sowohl die Funktion, die Inhalte als auch die Interaktion und die Präsentation von Informationen berücksichtigt. Hierbei wird häufig auf Standards, Normen oder Styleguides zurückgegriffen. Um die Entwürfe zu visualisieren und erfahrbar zu machen, werden Prototypen entwickelt, welche als Kommunikationsgrundlage für die nächste Phase genutzt werden können.

Aktivitätsszenarien, durch welche die zukünftige Nutzung eines Systems aus Sicht der Nutzenden beschrieben wird, eignen sich besonders gut für die kreative Ideenfindung und Konzeption von KI-Systemen. Die genauen Anwendungspunkte für KI und deren Funktionsweise innerhalb der Aktivitätsszenarien müssen dabei noch nicht festgelegt. Es geht vielmehr darum, wie sich die Zielgruppen die Nutzung des Systems idealerweise vorstellen und wie die Arbeitsteilung zwischen Mensch und KI aussehen soll.

Als erste prototypische Umsetzung des erarbeiteten Konzepts, eignet sich dann das Wireframing. Dabei handelt es sich um grobe Skizzen zur Gestaltung des Interaktionskonzepts. Durch dieses Grundgerüst kann eine Informationsarchitektur erarbeitet werden, ohne in diesem Schritt die Gestaltung zu beachten. Für den KI-Kontext kann das Wireframing dazu dienen erste Interaktionskonzepte zwischen Mensch und KI zu entwerfen.

Zuvor erarbeitete Personas können außerdem zur Beschreibung der Aufgaben eingesetzt werden, welche beim Nutzenden positive Erlebnisse bei der Arbeit auslösen. In diese Beschreibung kann außerdem einfließen, welche Aufgaben monoton und lästig empfunden werden und daher an die KI übergeben werden können.

Über Szenarien kann zusätzlich die Darstellung der für die Nutzenden erforderlichen Informationen und Daten (Informationsszenario) sowie abschließend die Interaktionsmöglichkeiten und das Feedback des Systems (Interaktionsszenario) beschrieben werden. Interaktionsszenarien sind somit vollständige Designspezifikationen und können direkt für die Prototyp-Entwicklung herangezogen werden.

Lösung evaluieren

Bei der Evaluation werden die umgesetzten Gestaltungsideen geprüft und ggf. Optimierungsmöglichkeiten ermittelt. In dieser Phase entscheidet sich, ob ein weiterer Durchlauf des menschzentrierten Gestaltungsprozesses notwendig ist.

Da KI-gestützte Programme meist sehr komplex und aufwendig umzusetzen sind, ist es hilfreich, das Konzept in einem frühen prototypischen Status zu evaluieren. Die Evaluation über einen Wizard-of-Oz bietet hier die Möglichkeit, ein Konzept den Nutzenden gegenüber zu simulieren und somit die Idee frühzeitig zu evaluieren. Als Wizard-of-Oz bezeichnet man den Prototypen eines interaktiven Systems, das technisch noch nicht funktionsfähig ist. Die Funktionalität des Systems wird vielmehr durch einen Menschen simuliert und zwar so, dass die Nutzenden idealerweise nicht mitbekommen, dass sie es mit einem menschlichen Partner zu tun haben.

Im KI-Kontext kann zudem der Usability-Test dafür eingesetzt werden, die intuitive Nutzung des Systems und der Interaktion mit der KI zu untersuchen. Die Tests sagen jedoch nichts darüber aus, ob die Aufgabenverteilung zwischen Mensch und KI sinnvoll ist. Die Methode könnte allerdings dafür eingesetzt werden, eine erste Version des Systems ohne den Einsatz von KI zu untersuchen und ggf. mit dem späteren KI-basierten System zu vergleichen, um Verbesserungen und auch Verschlechterungen bei der Aufgabenbearbeitung erkennen zu können. An dieser Stelle können dann für einen Vergleich auch quantitative Daten erhoben werden, wie bspw. die Bearbeitungszeit, die darauf hindeuten könnten, ob die Aufgaben sinnvoll verteilt wurden.

Zur Evaluation positiver Erlebnisse bei der Nutzung mit dem System kann die Valenzmethode herangezogen werden. Hier können im Gegensatz zum Usability-Testing gezielt Erlebnisse bezüglich der Interaktion mit der KI untersucht werden.


18.11.20

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