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Rollenspielbasierter Ansatz

Künstliche Intelligenz (KI) wird die Art verändern, wie wir mit Systemen interagieren. Die KI wird als Partner des Menschen auftreten und eine Zusammenarbeit zwischen Mensch und KI wird im Vordergrund der Interaktions-gestaltung stehen. Hier stellt sich die Frage, wie diese Zusammenarbeit von Usability- und User Experience- (kurz: UUX) Expert*innen konzipiert werden kann und welche Rolle die KI als Partner einnimmt. Eingebettet in den menschzentrierten Gestaltungsprozess wurde hierfür ein rollenspielbasierter Ansatz zur Gestaltung dieser Mensch-KIInteraktion entwickelt. In Form eines Workshops wird das Ziel verfolgt, das Verhalten gegenüber und die Interaktion mit der KI kennenzulernen oder zu erproben.

    • GelbeKarten_Rollenbeschreibungen.pdf
    • Dieses Dokument dient als Vorlage der notwendigen Rollenbeschreibungen sowie der Gelben Karte als Hilfsmittel zur Unterbrechung des Rollenspiels.
    • pdf114 KB
    • Rollenkarte.pdf
    • Dieses Dokument dient als Vorlage zur Erarbeitung der Eigenschaften, Funktionen, Aufgaben und Wissensbasis des intelligenten Systems.
    • pdf580 KB
    • Szenariokarte.pdf
    • Diese Dokument dient als Vorlage zur gemeinsamen Erarbeitung des Rollenspielszenarios, wobei alle notwendigen Aspekte für das Rollenspiel festgehalten werden können.
    • pdf1 MB

Beispielhafte Durchführung und Anwendung der Materialien

Beispiel: intelligentes Systems zur Unterstützung der Wahl von Modulen im Hochschulkontext

1. Planung des Workshops

Im Vorfeld des Workshops wird von den UUX-Expert*innen eines auf dem Nutzungskontext basierendes, übergreifendes Szenario (Nutzungskontextszenario) erarbeitet:

  • Geschichte, die aus Sicht des Nutzenden einen typischen, realistischen und anschaulich beschriebenen Ablauf mit dem zukünftigen System oder einer allgemeinen Situation darstellt.
  • Wird anhand der Nutzungskontextanalyse und/oder den Anforderungen an das System erstellt und kann bspw. wie Personas für die Evaluierung des Systems verwendet werden
  • Ermöglicht es, sich in die Personen und Situation des Szenarios hineinzuversetzen und eine typische Nutzungssituation narrativ zu beschreiben, in der das zu entwickelnde intelligente System eingesetzt werden soll

Beispiel: In einem ersten Schritt wird demnach in einem Szenario anschaulich beschrieben, wie die Studierenden ihre Module für das kommende Semester wählen und an welcher Stelle das intelligente System zum Einsatz kommen soll.

Für die Ausarbeitung der Rolle dient dann die Rollenkarte um gemeinsam die Eigenschaften, Funktionen, Aufgaben und die Wissensbasis des intelligenten Systems zu erarbeiten. Zunächst wird dem intelligenten System eine Rolle zugeschrieben. Beispielsweise:

  • Modulwahl an der Hochschule → „Ratgeber“
  • Schnelles zur Stelle sein und explizite, erkennbare Ratschläge sowie präzise und klare Empfehlungen mit Nachdruck geben, jedoch nur, wenn er vom Nutzenden ein gezieltes und konkretes Hilfegesuch erhält [1].

Anhand dieser Rolle werden dann Eigenschaften des Systems erarbeitet, wie sich dieses im Rollenspiel verhalten soll. Beispielsweise:

  • Ratgeber = “sachlich“, „ünterstützend“ aber aüch „trifft keine eigene Entscheidüngen“

Anschließend werden dem System konkrete Funktionen und Fähigkeiten zugeschrieben. Beispielsweise:

  • Ausgabe von Informationen zu den einzelnen Modulen, Dozenten oder Erfahrungsberichten vergangener Semester

Diese Fähigkeiten dienen dem/ der Workshopbeteiligten, der/die die Rolle des intelligenten Systems einnimmt, als Rahmenbedingung für mögliche Interaktionen und Funktionen, die nicht abgebildet werden können. Grundlage für die Fähigkeiten des intelligenten Systems stellt die Wissensbasis dar. Hier werden alle Inhalte festgehalten, auf welche das System zugreifen kann und/oder über das notwendige Wissen verfügt. Beispielsweise:

  • Zugriff auf den Stundenplan, um den Nutzenden die passenden Module vorschlagen zu können.
 

2. Konzeption des Rollenspielszenarios und der Rollen im Workshop

Mit Hilfe der Szenariokarte erarbeiten die Workshopbeteiligten gemeinsam das Rollenspielszenario, wobei alle notwendigen Aspekte für das Rollenspiel festgehalten werden. Dafür werden in einem ersten Schritt die Rahmenbedingungen festgehalten:

  • Ort (Beispiel: Wohngemeinschaft)
  • Umgebung (Beispiel: WG-Zimmer)
  • Zeit (Beispiel: Vormittag)

Anschließend werden benötigte Gegenstände für das Rollenspiel definiert. Beispielsweise:

  • Kalender
  • Laptop
  • Smartphone
  • Notizzettel mit Stift

Dadurch kann die spätere Durchführung des Rollenspiels möglichst realistisch gestaltet werden. Den größten Anteil nimmt der Punkt der Kernhandlung im Template ein. Hier werden wesentliche Schritte und Aufgaben des Rollenspiels festgehalten. Beispielsweise:

  • Anmelden im Modulwahlsystem
  • Priorisieren von Modulen
 

Die Szenario- und Rollenkarte dienen als Merkblatt und Hilfestellung, um im späteren Rollenspiel nur die festgehaltenen Aspekte widerzuspiegeln, wie auch ein technisches System „eingeschränkt“ wäre und nur die zuvor entwickelten Interaktionen und Features ausführen würde. Dadurch wird den Workshopbeteiligten außerdem die notwendigen Informationen und Materialien geboten, um sich in einem Rollenspiel in die entsprechende Situation und Rolle hineinversetzen zu können.

3. Vorbereitung des Rollenspiels im Workshop

 

  1. Vor der eigentlichen Durchführung des Rollenspiels werden die Rollen an die Workshopbeteiligte vergeben. Dabei können je nach Einsatz der Methode unterschiedliche Konstellationen an Teilnehmende am Workshop beteiligt sein.
  2. Anschließend legen die Teilnehmenden die physikalische Umgebung für das Rollenspiel fest. Dabei wird empfohlen die Einrichtung des Raums entsprechend des erarbeiteten Kontexts des Rollenspiels passend zu gestalten. Beispiel: Schreibtisch mit Stuhl ausrüsten.
  3. Alle Objekte des Rollenspiels werden definiert und deren Bedeutung (z. B. ein Plakat fungiert im Rollenspiel als Kalender) sollte allen Beteiligten des Rollenspiels bekannt sein.
  4. Objekte, die nicht im Rollenspiel benötigt werden, sollten aus dem Rollenspiel-Raum entfernt werden.
  5. Darüber hinaus werden alle notwendigen Materialien (Szenariokarte, Rollenkarte, gelbe Karte) bereitgelegt, um ein möglichst realistisches Szenario und einfache Umsetzung des Rollenspiels für alle Beteiligten zu ermöglichen.
  6. Als letzten organisatorischen Punkt vor dem Start des Rollenspiels werden wichtige Hinweise zum Rollenspiel vorgestellt. Dazu gehört Informationen zum Verhalten, zu Requisiten und zu Unterbrechungen im Rollenspiel

Gelbe Karte

Da alle Workshopbeteiligten während des gesamten Rollenspiels in ihrer Rolle bleiben, sind spontane Abstimmungen ohne das Rollenspiel zu stören schwierig. Hier kommt die gelbe Karte ins Spiel, die eingesetzt werden kann, sollten bereits während dem Rollenspiel Abstimmungsbedarf oder Fragen auftreten. Sie ermöglicht es während des Rollenspiels dem Gegenüber zu signalisieren, dass das Rollenspiel für einen kurzen Augenblick unterbrochen werden muss, um Fragen zu klären oder ggf. fehlende Aspekte des Rollenspiels zu besprechen. So können alle Workshopbeteiligten besser zwischen dem Rollenspiel und der Realität unterscheiden und dadurch später gezielter und leichter Anforderungen an das System ableiten. Die Karte sollte allerdings mit Bedacht eingesetzt werden, um das Rollenspiel nicht zu oft zu stören und dadurch die Qualität des Rollenspiels zu verringern.

 Hinweise zum Rollenspiel

Hinweis Erläuterung
Verhalten im Rollenspiel

Verhalten Sie sich während des Rollenspiels entsprechend Ihrer Rolle. Alles was Sie im Rollenspiel sagen und machen, machen Sie in Ihrer Rolle.

Nutzende*r: Sie spielen sich selbst und verhalten sich so, wie Sie sich sonst auch verhalten würden. Sprechen Sie das intelligente System bitte nur mit dem Namen seiner Rolle an, nicht mit dem Namen der/des Teilnehmenden.

Intelligentes System: Sie verhalten sich so, wie Sie es auf der Rollenkarte intelligentes System erarbeitet haben. Sie dürfen diese während des Rollenspiels als Hilfsmittel nutzen.

Wenn Sie miteinander interagieren, sprechen Sie sich bitte direkt an bzw. kommentieren Sie Ihre Handlungen. Nutzende*r: Sie sagen z. B. „Zeige mir ...“. Intelligentes System: Sie sprechen aus Sicht der Technik (z. B. „Ich zeige ...“).

Gegenstände Nutzen Sie nur die Gegenstände, die Sie gemeinsam festgelegt bzw. die Requisiten, die Sie angefertigt habt.
Gelbe Karte /
Unterbrechungen
Das Rollenspiel kann beliebig oft unterbrochen werden, um Fragen zum Rollenspiel zu klären und um Unklarheiten bezüglich des intelligenten Systems zu besprechen. In den Unterbrechungen können Sie vorab festgelegte Fähigkeiten / Funktionen, Aspekte der Wissensbasis und Eigenschaften bzw. Verhaltensweisen des intelligenten Systems hinterfragen und alternative Lösungsideen diskutieren. Halten Sie die Unterbrechungen jedoch möglichst kurz und verschieben Sie lange Diskussion auf die Auswertung. Sollten Sie während des Rollenspiels Anmerkungen oder Fragen außerhalb der Rolle haben, verwenden Sie bitte die gelbe Karte, um anzuzeigen, dass Sie außerhalb Ihrer Rolle sprechen möchten.
Entrollung” Um zu symbolisieren, dass das Rollenspiel beginnt und endet, führen Sie gemeinsam das vereinbarte Signal aus (bspw.
Händeklatschen oder auf den Tisch Klopfen).

 

 

4. Durchführung des Rollenspiels

 

  1. Rolle einnehmen (Szenario- und Rollenkarten zum hineinzuversetzen)
  2. Bei Bedarf kann das einführende Szenario nochmals vorgelesen werden, um den Kontext, in dem das intelligente System eingesetzt wird, zusammenzufassen.
  3. Beginn des Rollenspiels – signal
  4. [Rollenspiel – Dialogbeispiel siehe rechts]
  5. Beenden des Rollenspiels – Signal

Dialogbeispiel
Nutzende (nachfolgend N) und intelligentes System (nachfolgend iSys)

N: “Hallo, was sind die Lehrveranstaltüngen, die es dieses Semester gibt?”
iSys: “Hallo Paül, dieses Semester gibt es 325 verschiedene Lehrveranstaltungen. Ich zeige sie hier auf deinem Display an.”
N: “Okay, hast du Empfehlüngen ... nein, zeig mir erstmal  Informationsdesign-Vorlesungen an.”
iSys: “Okay, Paül. Jetzt hast dü nür noch 30 Veranstaltungen.”
N: “Kannst du mir mehr erzählen zu der Vorlesung Interaktionsdesign?”
iSys: “Natürlich. Interaktionsdesign wird dieses Semester geleitet von Professor Müller. Die Veranstaltung findet wöchentlich immer am Mittwoch statt, zwischen 16:45 Uhr und 18:00 Uhr. Sie ist belegbar ab Semester 3. Du brauchst keine weiteren Kenntnisse als dein Grundstudium. Und es geht dieses Jahr vor allem um die Interaktion von Menschen zu Künstlicher Intelligenz. Möchtest du, dass ich dir eine ausführliche Beschreibung der Modulinhalte gebe?”
N: “Ja.”
iSys: “Okay. In der ersten Semesterwochenstünde befassen wir uns mit grundlegenden Definitionen von KI. Darauf aufbauend werden Referate zu verschiedenen Ausprägungen von KI gehalten und wir setzen uns mit verschiedenen Interaktionsformen in Woche drei auseinander. In Kleingruppen werden dann die Semester-Projekte bearbeitet. Die Prüfungsleistung am Ende des Semesters ist eine Projektarbeit mit Präsentation. Und du kannst hierfür 5 ECTS erwerben.”
N:

“Kannst du die Veranstaltüng aüf meine Merkliste setzen?”

iSys: “Okay, Pal. Interaktionsdesign befindet sich jetzt auf deiner Merkliste.”
 

5. Nachbereitung des Rollenspiels im Workshop

 

Die Aufnahmen dienen neben der Auswertung für ein abschließendes retrospektives Interview mit allen Workshopbeteiligten.

  1. Die Aufnahmen des Rollenspiels werden mit allen Workshopbeteiligten angeschaut
  2. An zu diskutierenden Stellen pausieren
  3. Mit den für den Workshop entwickelten und ausgefüllten Templates offene Fragen klären
  4. Anforderungen an die Mensch-KI-Zusammenarbeit diskutieren und weiterentwickeln
  5. Klären, wie sich alle Beteiligten während des Rollenspiels und der Interaktion gefühlt haben, um gezielt negative Erlebnisse zu ermitteln, damit entsprechende Optimierungen der Mensch-KI- Zusammenarbeit vorgenommen werden können. Die ermittelten positiven Erlebnisse können genutzt werden um positive Merkmale der Zusammenarbeit weiter zu fördern und auszubauen.

Mögliche Interviewfragen

  • Was haben Sie in Ihren Rollen gefühlt?
  • Welche Gedanken gingen Ihnen während des Rollenspiels durch den Kopf?
  • Was hat Ihnen am Rollenspiel oder in Ihrer Rolle gefallen?
  • Was hat Ihnen am Rollenspiel oder in Ihrer Rolle nicht gefallen?
  • Welche Herausforderungen hatten Sie innerhalb Ihrer Rolle?
  • Ist aus dem Rollenspiel etwas unklar geblieben?
 

Je nach Bedarf kann anschließend das Rollenspiel erneut durchgeführt werden, um die überarbeiteten Anforderungen an das System zu erproben und evaluieren oder gar explorativ neue Ansätze auszuprobieren. Die Ergebnisse des Workshops können als Handlungsempfehlungen für die weitere Entwicklung und/oder Erprobung des intelligenten Systems und dessen Rolle eingesetzt werden.

 

Literatur
[1] Diefenbach, S. u. a. Technik als Companion: Eine Analyse der Möglichkeiten von Software als Begleiter aus der Experience Design Perspektive.

 
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